Halle an der Saale - stiller Star des Städtetourismus
Halle ist die Kulturhauptstadt Sachsen-Anhalts. In der Geburtsstadt Händels gibt es viel zu hören (Händel-Festspiele, Kinderchorfestival), zu feiern (Laternenfest, Salzfest) und zu sehen (Himmelsscheibe, Moritzburg, Dom, Marienbibliothek).
Halle (Saale)
Halle/Saale: Halloren, Händel und Himmelsscheibe
Als schöne Nachbarin von Leipzig hätte man Halle an der Saale früher nicht bezeichnet. Kurz nach der Wende wurde die einstige Chemiearbeiterstadt noch als „Diva in Grau“ bespöttelt. Doch die viertgrößte Stadt in Ostdeutschland packte an und zeigt heute ein ganz anderes Gesicht. Ihr größes Schmuckstück ist die Altstadt, die den Krieg fast unversehrt überstand und aufs Schickste saniert wurde. Freuen Sie sich auf weitere Höhepunkte wie die Burg Giebichenstein, das Kunstmuseum Moritzburg, das Beatles-Museum und ein fantastisches Schokoladenzimmer. Ganz oben auf die Besuchsliste gehört der archäologische Superstar: die Himmelsscheibe von Nebra. Die Bronzeplatte mit der ältesten konkreten Darstellung kosmischer Phänomene ist einer der wertvollsten Funde der Menschheit, rund 3.600 Jahre alt. Ja, es gilt wieder, was Goethe einst seinem Freund Friedrich Schiller empfahl: "Versäumen Sie ja nicht, sich in Halle umzuschauen."
Halle war lange eine Stadt für den zweiten, na eher dritten Blick. Zwar kaum vom Krieg zerstört, doch mit diesem Glück wusste die DDR nicht viel anzufangen. Chemie und Plattenbau dominierten, das wunderschöne Erbe verfiel. Heute können Sie sich in der Altstadt einmal um die eigene Achse drehen und sehen bildschön entblätterte Kleinode aus allen Jahrhunderten und Stilepochen: spätmittelalterliche Giebelhäuser, barocke Pracht, Renaissance-Raritäten, Gründerzeit-Fassaden. Aber auch einen der schönsten Universitätsplätze in Deutschland. Dank Martin-Luther-Universität, Leopoldina (Deutsche Akademie der Naturforscher) und der Kunsthochschule auf Burg Giebichenstein ist Halle immer jung geblieben. Für die fast 22.000 Studenten bietet die Saalestadt perfekte Bedingungen: sympathisch überschaubar, Spitzen-Ausbildung, günstige Mieten, große Kulturszene. Erschwingliche WG-Zimmer mit Deckenstuck in verkehrsgünstiger Lage sind hier kein Traum und der Stellenwert der Wissenschaft ist hoch, wie die Franckeschen Stiftungen, der Technologiepark Weinberg Campus und das Fraunhofer Institut beweisen.
Halloren: Salz und Schokolade
Auf die drei H’s – Hallenser, Halloren, Hallunken – stoßen Sie immer wieder. Ein in Halle Geborener ist Hallenser, als Zugereister sind Sie ein Hallunke (mit Doppel-L!), und als Halloren werden die Salinearbeiter und ihre Nachfahren bezeichnet. Salz war im Mittelalter das große Glück der Stadt. Der Legende nach entdeckte die Quellen ein Schweinehirt, der seine Tiere am Fluss weiden ließ und plötzlich sah, wie das Borstenvieh mit einer verdächtig weißen Kruste in der Sonne glitzerte. Zusammen mit den Männern des Dorfes zog er nochmal los, sie fanden eine Solelache und gruben einen Brunnen. Dieser erste und älteste Sole-Brunnen ist der Gutjahr-Brunnen. Bis 1926 versorgte er mit einer Tiefe von 28 Metern die Saline Halles. Ein Klassiker dazu ist August Kopischs heiteres Gedicht: „O sag, wie hat in Halle man den salz'gen Quell entdeckt? Es hatt' ein Schwein vor Zeiten sich darein versteckt. Und kam heraus und war mit Salz kandirt: Das hat die Leute auf die Spur geführt. Aus Dankbarkeit legt man das Schwein /Noch jetzt in Salz und pökelt's ein.“
Der Name Halloren steht nicht nur für die 1.200-jährige Salinenzeit. Deutschlands älteste Schokoladenfabrik (gegründet 1804) hat ihn übernommen: die Halloren Schokoladenfabrik AG. Seit 1952 rollen die Original Halloren Kugeln vom Band. In der DDR war die Volkspraline mit der sahnigen Cremefüllung eine begehrte „Bückware“. Heute werden die Kultkugeln in vielen neuen Sorten erfolgreich in der ganzen Bundesrepublik verkauft. Wer mehr erfahren möchte, besucht das Schokoladenmuseum. Durch einen begehbaren Pralinenkasten gelangt man in den gläsernen Schaugang mit Blick in die Produktion der Pralinenmanufaktur. Außerdem gibt es Filme über die Geschichte der zartschmelzenden Köstlichkeit, Riechstationen, eine Schokowerkstatt für eigene Kreationen und ein phänomenales Schokoladenzimmer. 1,5 Tonnen braune Schleckermasse flossen in das berühmte Kunstwerk im Biedermeier-Look. Überhaupt sind die Halloren-Konditoren Rekordesammler: 2004 fertigten sie die größte Katzenzunge der Welt, 2006 die weltgrößte Kuckucksuhr aus Schokolade. Wer sich mit einer guten Grundausstattung versorgen will: Der Fabrikverkauf ist ein beliebter Abschluss des Besuchs.
Kultur: Türme, Theater, Glockenspiele
Halle lebt seine Stärken wieder voll aus: die Musik, Architektur, bildende Kunst und Wissenschaft. Kaum eine Stadt dieser mittleren Größe (240.000 Einwohner) kann ein solch pralles Ausgeh-Spektrum aufbieten. Ob Oper, Ballett, Staatskapelle, Neues Theater, Puppentheater, Thalia Theater oder Kunsthochschule Burg Giebichenstein, die Qualität ist erstklassig. Den Mittelpunkt bildet der Marktplatz mit seinem berühmten Händel-Denkmal. Die "Blauen Spitzen" und die "Hausmannstürme" der Marktkirche schaffen mit dem freistehenden Roten Turm die berühmte Silhouette Halles. Letzterer beherbergt eine akustische Kostbarkeit: das größte Carillon (Glockenspiel) Europas. Das Uhrengeläut mit 76 Glocken ist auf den sogenannten „Westminsterschlag“ gestimmt, welcher vom Glockenturm des Palace of Westminster in London erklingt – eine Ehrerbietung an Händel, der nach England auswanderte. Viermal am Tag, jeweils kurz nach 9, 12, 15 und 18 Uhr erklingt das bezaubernde Spiel. Im jahreszeitlichen Wechsel hören Sie Lieder wie „Freude schöner Götterfunken“, „Ach bittrer Winter“, „Nun will der Lenz uns grüßen“, oder auch Ausschnitte aus Werken von Georg Friedrich Händel. Noch eine schöne Geste: Alle neuen Erdenbürger von Halle werden um 13 Uhr zuerst mit dem Halleluja von Händel begrüßt. Kurz darauf erfolgen so viele Glockenschläge, wie neue Babys das Licht der Welt erblickten.
Händel: Ein Popstar seiner Zeit
Berühmtester Säugling der Stadt ist Georg Friedrich Händel selbst. Die Barock-Ikone wurde 1685 in Halle geboren und zu einem der einflussreichsten Musiker der Welt. 18 Jahre lebte er an der Saale. Selbst, nachdem er nach England auswanderte und man ihm dort zu Füßen lag, besuchte er immer wieder gern das heimatliche Halle. Sein imposantes Standbild auf dem Marktplatz ist tatsächlich das einzige Denkmal in Deutschland für den großen Barockkomponisten. Und weil es so zentral liegt, ist es auch der beliebteste Treffpunkt der Stadt.
Darüber hinaus ehrt die Stadt das virtuose Orgelgenie mit den jährlich im Juni stattfindenden Händel-Festspielen. 17 Tage barocker Musikgenuss. Von seinen 42 Opern und 25 Oratorien erklingen immer wieder Hits wie die „Wassermusik“, „Feuerwerksmusik“ und „Messiah“ mit dem weltbekannten „Halleluja“-Chor. Händel-Fans kommen gern auch kurz vor der Adventszeit wieder, dann gibt es „Händel im Herbst“, die „kleinen“ Händel-Festspiele.
Wissenschaft und Natur: Grünes Halle
Halles Repertoire an Kulturdenkmälern ist riesig: Da sind die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, und die Franckesche Stiftung, ein um 1700 gegründetes Waisenhaus-Ensemble mit dem größten Fachwerkwohnhaus Europas. Der Dom zu Halle überrascht in eher schlichter Optik, im Innern birgt er jedoch großartige barocke Schätze. Auf der Höhepunkt-Liste ganz oben stehen ebenfalls das Kunstmuseum Moritzburg aus dem 15. Jahrhundert, die Burg Giebichenstein, die heute als Kunsthochschule genutzt wird, und das Geburtshaus des Komponisten Georg Friedrich Händel. Nur 600 Meter östlich des Marktplatzes beeindruckt der Stadtgottesacker. Die denkmalgeschützte Schwibbogenanlage gilt als ein Meisterwerk der Renaissance nördlich der Alpen. In der Großen Klausstraße überrascht ein monumentales, 400 Quadratmeter großes Wandbild. Dank großartiger Illusionstechniken bekommen Passanten den Eindruck, man schaue in eine Seitengasse. Verweilen Sie unbedingt länger. Ob Marx, Händel, Mickey Maus oder die Parole der französischen Revolution – es ist spannend, die politischen Botschaften und Symbole zu enträtseln.
Gleichzeitig ist Halle/Saale herrlich grün. Beliebte lauschige Parks sind die Peißnitz, aber auch die Rabeninsel oder das Riveufer. Reichardts Garten, der einstige Privatgarten des Komponisten Johann Friedrich Reichardt, wurde Ende des 18. Jahrhunderts im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt. Durch die zahlreichen berühmten Gäste Reichardts (darunter Goethe, Novalis und Brentano) wurde das Anwesen weit über die Grenzen hinaus als „Herberge der Romantik“ bekannt. Halle ist zudem „inselreich“: Die Saale bildete in Halle mehrere Flussarme, weshalb es auf dem Stadtgebiet sechs größere Inseln und 132 Brücken gibt.
Die Himmelsscheibe von Nebra: Ein Archäologie-Krimi
Halle besitzt einen der fulminantesten archäologischen Funde des vergangenen Jahrhunderts: die Himmelsscheibe von Nebra. Ausgegraben wurde sie am 4. Juli 1999 von zwei Raubgräbern aus Sachsen-Anhalt auf dem Mittelberg bei Nebra, zusammen mit mehreren Objekten aus der frühen Bronzezeit. Sie verkauften den Schatz und er gelangte in die Hände verschiedener Hehler. 700.000 D-Mark sollen sie dafür verlangt haben. Nach jahrelanger, spektakulärer Fahndung erfolgte im Februar 2002 der Showdown: Die unrechtmäßigen Besitzer versuchten die Scheibe in einem Hotel in Basel zu verkaufen. Als Undercover-Interessent fungierte Sachsen-Anhalts Landesarchäologe Harald Meller. In einer Gemeinschaftsaktion mit der Schweizer Polizei konnte die Himmelsscheibe beschlagnahmt und die Hehler verhaftet werden. Die Originale gehören seitdem zur Schatzkammer des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle.
Was die kleine Bronzeplatte so besonders macht: Neben Vollmond, Mondsichel und einzelnen Sternen ist auf der Scheibe auch das Sternbild der Pjejaden sichtbar. Es handelt sich um die älteste konkrete Darstellung des Himmels und gibt wichtige Einblicke in das Wissen unserer Vorfahren. Spannende Hintergrundinformationen liefert auch die Arche Nebra, ein multimediales Besucherzentrum nahe dem Fundort der Himmelsscheibe. Im 3D-Flug erfähren Sie aus der Perspektive eines Staubkorns mehr über die spektakuläre Entdeckung, ein Puppentheater erzählt den Fahndungs-Krimi und das digitale Planetarium lädt auf eine Reise in die Frühbronzezeit. Zudem führt ein etwa drei Kilometer langer Wanderweg von der Arche Nebra zum Mittelberg, wo das „Himmelsauge” den Fundort der Scheibe kennzeichnet.
Was kann man mit Kindern in Halle an der Saale unternehmen?
Immer beliebt für einen schönen Familienausflug ist der Zoo in Halle, Deutschlands einziger Bergzoo. Mit seiner wildromantischen Landschaftsgestaltung an den Hängen eines Berges ist er in allen Belangen eine Augenweide. Auch im Winterurlaub: Dann betören die weltweit einzigartigen „Lichterwelten“ mit kunstvollen Installationen. Unbedingt anschauen.
Wer zur Weihnachtszeit reist, sollte sich Karten für die Weihnachtsrevue im Steintor sichern. Mehrmals täglich finden Vorstellungen rund um den Fuchs statt, der seit 1982 jedes Jahr aufs Neue versucht, Rudi, Lumpi und Watschel auszutricksen und alle Geschenke an sich zu reißen. Etwa 400 Kinder eines Tanzstudios sorgen für hochgelobte, ausverkaufte Shows.
Im Kinderkreativzentrum Krokoseum in den Frankeschen Stiftungen kann sich der Nachwuchs (6 - 12 Jahre) in den Bereichen Kunst, Literatur, Handwerk, Geschichte und Naturwissenschaften kreativ beschäftigen. Von Montag bis Freitag werden tolle Mitmachprogramme angeboten.
Und, sehr erholsam: die Parkeisenbahn auf der Peißnitzinsel. Seit 1960 fährt sie auf einer etwa zwei Kilometer langen Strecke durch den Auenwald. Oder Sie steigen in die „Halloren-Schunkel“. Diese Bimmelbahn bringt Sie im gemütlichen Tempo innerhalb einer Stunde zu den touristischen Höhepunkten der Stadt.
Beatles Museum: die weltweit größte Dokumentation
Dass Halle neben Händel auch die Beatles ehrt, ist ein weiterer Pluspunkt für die Vielfalt der Stadtkultur. Das Beatles Museum präsentiert die weltweit älteste, größte und umfangreichste öffentliche Schau über die Pilzköpfe. Gegründet wurde es 1989 in Köln, doch aus Platzgründen zog das Museum im Jahr 2000 in die Saalestadt. Zeit mitbringen: Es gibt drei Etagen voller Raritäten und Kuriositäten zu entdecken. Das Erdgeschoss zeigt alle Etappen der Bandgeschichte – von den ersten musikalischen Gehversuchen bis zum Höhepunkt ihrer Karriere und der Trennung im Jahr 1970. Das erste Stockwerk beschäftigt sich mit den Solokarrieren der Bandmitglieder, dem Attentat auf John Lennon und dem beliebten Beatles Zeichentrickfilm „Yellow Submarine“. Die letzte Etage stellt Beatles-Comics und Veröffentlichungen nach 2000 aus. Anschließend dürfte es schwierig werden, den Museumsshop nicht wenigstens mit einem Poster, Pin, Kaffeebecher oder einer kultigen Shoppertasche zu verlassen.
Zukunftszentrum: Würdigung der Lebensleistung der Ostdeutschen
Halle setzt nun noch einen Knaller obendrauf. Nach monatelangem Bewerbungsrennen bekam die Stadt 2023 den Zuschlag für das geplante „Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation“. Die Eröffnung des Neubaus ist für 2028 geplant. Mit 200 Millionen Euro vom Bund sollen die Erfahrungen und Leistungen der Menschen im Osten aus den letzten 30 Jahren sichtbar gemacht und gewürdigt werden.
Halleluja Halle: Ob sanierter Gründerzeitbau oder Plattenbau-Retro-Charme, Kleinkunstbühne oder Barockfestival, Studentenkneipe oder Wissenschaftslabor – sie alle bringen auf den Punkt, was den Charme Halles ausmacht: kulturvolle, liebevolle, weltoffene, charmante Unperfektheit. Ein Statement für den Wandel. Entdecken Sie das neue Halle!






