Stocherkahnfahrt

Stocherkahnfahrt: Eine gemütlich-schwäbische Angelegenheit

Romantischer geht’s fast nimmer. Stocherkahn fahren in Tübingen ist so herrlich altmodisch wie entschleunigend. Lehnen Sie sich entspannt zurück und genießen eine zauberhafte Szenerie aus idyllischer Flusslandschaft und Mittelalter.

Lange Tradition

Im Spreewald wird gestakt, in Tübingen gestochert. Die flachen Holzboote schippern seit Jahrhunderten über den Neckar. Zunächst waren es ausschließlich Flößer, die Holz vom Schwarzwald auf dem Fluss heruntergebracht haben,, Anfang der 20. Jahrhunderts entdeckten studentische Verbindungen den Spaß für sich. Das Kahnfahren sollte lange nur jenen vorbehalten bleiben, die wie die Studentenverbindungen eigene Kähne besaßen. Erst seit den 1980ern dürfen auch Touristen einsteigen. Die „Klassische Stocherkahnfahrt“ dauert etwa eine Stunde, führt im gemütlichen Tempo vorbei an üppig-grüner Ufervegetation und Wahrzeichen wie Hölderlinturm, Burse und Evangelischer Stift. Außerdem kann man die exklusiven Neckarshuttles für Themenfahrten mieten. Die Saison geht von Mai bis Oktober, im Winter bleiben die Boote an Land.

Fast wie in Venedig

Die Kähne erinnern stark an die Gondeln in Venedig. Das Flair mit den Kanälen und hübschen Restaurants am Wasser ist ebenso besonders. Der Unterschied liegt nicht nur im symmetrischen Aufbau. Gondeln werden mit einer Rudertechnik bewegt, man stößt sich am Wasser ab. Ein Stocherkahn wird dagegen mit der Stange direkt am Flussbett abgestoßen. Dabei geht wesentlich weniger Energie verloren, weshalb in einem Stocherkahn mehr als 20 Fahrgäste transportiert werden können. Der Tübinger Stocherkahn ist sechs bis zwölf Meter lang und wiegt etwa 400 bis 600 Kilo. Der Stocherer – so nennt man den Kapitän dieser Boote tatsächlich – steht am Ende und stößt es mit einer bis zu sieben Meter langen Stange vom Grund des flachen Neckars ab.

Das Stocherkahnrennen

Mit jährlich bis zu 15.000 Besuchern ist das Stocherkahnrennen zu Fronleichnam ein Riesen-Highlight im Jahreskalender. Der Ursprung liegt im Jahr 1956, als sich die Akademische Verbindung Liechtenstein einen neuen Kahn zugelegt hatte und dies groß zu feiern gedachte – so entstand die Idee, ein Stocherkahnrennen zu veranstalten. Die Verlierer müssen übrigens Lebertran trinken. So will es der Brauch. Für viele Teilnehmende ist Verlieren dennoch ein Ansporn, da sie ein Jahr später selbst für die Organisation der Veranstaltung, nebst Einsammeln der Startgebühren, zuständig sind. Das Gewinnerteam bekommt neben Ruhm und Ehre die Aufgabe, die Party nach dem Rennen zu veranstalten. Alles gleicht einem fröhlichen Karneval: Boote, Menschen – alle prächtig und kreativ geschmückt. Auch Politiker und das aktuelle Zeitgeschehen werden höchst humorvoll parodiert.

Grummeliger Goethe

Goethe teilte die Begeisterung für Tübingen als Einziger nicht. Zwei Mal besuchte er die Stadt für ein Zusammentreffen mit seinem Verleger Cotta, in dessen Haus er für die Dauer seines Aufenthalts wohnte. „Bucklig und winklig“ sei es hier, grummelte er angeblich. Das sehen Millionen Touristen anders und erfreuen sich an dem vielen Fachwerk, der malerischen Altstadt, dem Hauch Venedigs im Herzen Baden-Württembergs und dem quirligen Flair (mindestens 30 Prozent der 91.000 Einwohner sind Studenten). Na ja, auch ein Dichterfürst kann mal zwei schlechte Tage haben. Goethe ist eben auch nicht Stocherkahn gefahren.

Adresse Stocherkahnfahrt
Anlegestelle Casino, Wöhrdstraße 25, Tübingen

Fahrzeiten Stocherkahnfahrt
Mai bis September täglich 13.00 Uhr, samstags auch 17.00 Uhr

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