Ingelheim
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Ingelheim: Pillen, Kirschen und Rotwein

Auch wenn heute kaum jemand Ingelheim kennt: Im Mittelalter war die Stadt prominent dank Kaiserpfalz und Rotweinanbau. Heute bleiben von der einstigen Größe trutzige Kirchen, Ruinen der Wehranlage und das Rotweinfest im Herbst.

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Ingelheim am Rhein

Pillen, Kirschen, Rotwein und wandernde Kaiser

Rotwein, Sauerkirschen, Kaiserpfalz, Blutdruckpillen und viel, viel Geld in der Stadtkasse: Das ist Ingelheim am Rhein. Touristisch ist die 25.000-Einwohner-Stadt bei Mainz kein Hotspot. Dabei hat Ingelheim durchaus schöne Ecken und zumindest eine erstrangige Sehenswürdigkeit, die Kaiserpfalz.

Von der Kaiserpfalz ist allerdings nicht viel übrig geblieben nach all der Zeit. Denn das ist 1.200 Jahre her. Es war die Ära der Wanderkaiser, als Monarchen keinen festen Regierungssitz hatten, sondern übers Land verteilt viele Standorte, wo sie sich mal mehr, mal weniger dem Volk zeigten. Karl der Große wählte Ingelheim 787 zu seinem Winterquartier und blieb ein halbes Jahr lang. Vermutlich genoss auch er damals den milden Winter im Rheintal. Danach kamen die Kaiser nicht mehr so oft auf ihre schöne Ingelheimer Pfalz bis zu Otto I., der insgesamt zehn Mal da war. Der legendäre Friedrich I. Barbarossa traf sich 1163 in Ingelheim mit der nicht minder prominenten Hildegard von Bingen. Jetzt aber genug Geschichte, Sie können das vor Ort anschauen, einige alte Mauern stehen noch, und im Museum wird alles schön erklärt. Oder bei einer Führung.

Ein Prosit auf die Wirtschaft

Die Ingelheimer Weinmeile - nicht weit von der alten Burgkirche in Ober-Ingelheim - ist etwas für alle Rotwein- und Wanderfreunde. Wie der leckere Traubensaft entsteht, erfahren Sie auf dem drei Kilometer langen Erlebnispfad durch die Reben und genießen dabei gleichzeitig einen Panoramablick auf die Stadt. Rotwein, das ist die Spezialität der Ingelheimer. Einmal im Jahr ist Ausnahmezustand, dann feiern Tausende das Rotweinfest mit den neuesten und besten Jahrgängen. Und zum Anstoßen gibt es viel in Ingelheim, nicht zuletzt auf die Wirtschaft.

Deutschlands größtes forschendes Pharmaunternehmen hat seit 1886 seinen Sitz hier und den Stadt- im Firmennamen: Boehringer Ingelheim. Stolze 54.500 Mitarbeiter hat der Konzern, knapp 9.000 davon arbeiten am Rhein. Dabei ist Boeehringer immer noch ein reiner Familienbetrieb, aktuell geleitet von einem Urenkel des Gründers Albert Boehringer. Der riesige, landschaftsprägende Produktionsbetrieb hat Ingelheim vielleicht nicht hübscher, aber überaus wohlhabend gemacht. Die Stadt ist schuldenfrei und rangiert in den Hitparaden der reichsten Kommunen traditionell weit oben.

Die Kirsche auf der Sahne

Deshalb gönnt man sich in Ingelheim schon mal was. Zum Beispiel ein komplett neues Stadtzentum, das rund um den Bahnhof entstand und "Neue Mitte" heißt: Rathaus, Marktplatz, Fußgängerzone, überdimensioniertes Kulturzentum, Kreisverwaltung, Einkaufszentum, Mega-Parkhaus - alles da, alles neu. Komische Situation, denn die eigentlichen drei alten Ortskerne der Stadtteile Nieder-Ingelheim, Ober-Ingelheim und Frei-Weinheim stiegen dadurch zu netten, kleinen Vororten ab.

Und um es rund zu machen, auch wenn Sie als Urlauber nicht so viel davon haben: Sie befinden sich hier am Sitz von Europas größter Vermarktungsorganisation für Sauerkirschen. Rund 3.300 Tonnen werden jedes Jahr in Ingelheim umgeschlagen. Da kann man schon paar Gläser Marmelade von machen. Dem Stadtsäckel allerdings bringen Boehringers Pillen deutlich mehr Gewerbesteuer als die sauren Kirschen.

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